ohne Muh kein Calcium – 4 Mythen über die vegane Ernährung

Veganer kennen sie, die Vorurteile gegenüber ihrer Ernährung. Sie sind oft der Grund für das schlechte Image des Veganismus. Doch was steckt wirklich hinter diesen Vorwürfen und worin steckt sogar etwas Wahrheit?

“Der Mensch braucht Fleisch” oder “vegane Ernährung = Mangelernährung”

Ein gern ausgesprochenes Argument von überzeugten Fleischessern ist, dass der Mensch aus biologischer Sicht Fleisch braucht. Das stimmt aber nicht ganz. In der westlichen, globalisierten Welt müssen wir uns keine Sorge darüber machen ob wir genügend Nährstoffe bekommen. Anders als in der Steinzeit oder frühen Neuzeit haben wir auch im deutschen Winter genügend Zugang zu Obst, Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen, die uns vollkommen versorgen können, solange die Ernährung ausgewogen ist. Laut dem Ernährungsexperten Martin Thiel sind Obst und Gemüse heutzutage sogar energiereicher als vor circa 2,5 Millionen Jahren. Proteine können ohne Probleme in Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen, aber auch in Getreide gefunden werden und Mineralien wie Eisen und Zink in grünem Blattgemüse oder Getreide.

Bei einer einseitigen Ernährung, ob vegan, vegetarisch oder omnivor, also einer Ernährung mit Tierprodukten, ist eine Supplementierung immer nötig. Der einzige Vitamin, den Vegetarier oder Veganer, die sich ausgewogen ernähren, supplementieren sollten ist Vitamin B12. Dieser wird zum Beispiel im Boden gefunden, weil heutzutage unser Gemüse aber überwaschen ist und durch das konstante Anbauen Felder nicht mehr genug Vitamin B12 enthalten. Tieren wird auch deshalb in der Landwirtschaft der Vitamin oft über Nahrungsergänzung verabreicht. Ob über den Weg des Tieres oder ohne, Vitamin B12 supplementiert so gesehen jeder. Da der Vitamin aber auch in Meeresalgen oder fermentierten Lebensmitteln wie Sauerkraut oder Bier gefunden werden kann sind diese Lebensmittel definitiv optimal für Menschen, die auf Fleisch verzichten wollen. Experten raten aber davon ab diese Lebensmittel als einzige Quelle für den wichtigen Vitamin zu verwenden. Vitamin-B12-Mangel ist aber nicht nur ein Problem von Vegetariern oder Veganern, es lohnt sich auch als Fleischesser bei dem Hausarzt einen Check-up zu machen.

Rein aus biologischer und medizinischer Sicht ist eine vegane Ernährung also möglich und wird von einigen Experten sogar einer omnivoren Ernährung vorgezogen. Sie behaupten, dass eine pflanzliche Ernährung das Risiko für eine Krebserkrankung, Diabetes oder Herzerkrankung stark senkt. Letztere entstehen durch Cholesterinablagerungen in Blutgefäßen, die verstopfen und im schlimmsten Fall das Herz zum Stehen bringen können. Da eine ausgewogene vegane Ernährung deutlich cholesterinarmer ist als eine omnivore sind Veganer weniger von einer solchen Erkrankungen betroffen. Studien zeigten, dass eine pflanzliche Lebensweise solche Krankheiten sogar umkehren kann.

Soja ist ungesund und schlecht für die Umwelt

Wenn schon kein Fleisch gegessen werden kann bleibt doch nur Soja übrig und das soll laut Volksmund in großen Mengen ungesund sein. Auch das stimmt nicht. Sojaprodukte sind cholesterinfrei, voller Proteine und Mineralstoffen und damit für eine ausgewogene Ernährung zu empfehlen.

Auch im Bezug auf das Klima steht Soja in einem schlechten Licht. Eine große Menge des Hülsenfruchtanbaus passiert in Südamerika, wo für den Anbau Regenwald gerodet wird. In Wirklichkeit ist 70%-90% dieses Sojas für die Tierfütterung bestimmt, je nachdem welcher Quelle Glauben geschenkt werden will. Nur wenige Prozent des Sojas wird für als Lebensmittel verzehrt. Das Soja, das wir in Deutschland essen kommt meist auch aus der Region oder zumindest aus Europa. Dagegen sind Tierprodukte viel klimaschädlicher, weil deutschen Nutztieren so viel Soja aus dem Ausland verfüttert wird. Somit müssen Veganer nicht zwingend ein schlechtes Gewissen haben, besonders wenn sie Sojaprodukte aus Europa essen, die keinen längeren Weg nach Deutschland haben.

vegane Ernährung ist teuer und nicht gesund

Dieser Mythos stimmt, zumindest teilweise. Viele Menschen denken bei einer veganen Ernährung schnell an veganen Käse, Aufschnitt oder Schnitzel. Ob vegan oder nicht, solche Produkte sollten sowieso nur in kleinen Mengen verzehrt werden, da Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte den größten Teil der Ernährung ausmachen sollten. Vegane Ersatzprodukte sind definitiv lecker und bei der Umstellung auf ein pflanzliches Leben hilfreich. Wer sich nur von solchen Lebensmitteln ernährt nimmt viel Salz und Fett zu sich und kann einen Vitaminmangel erleiden. Das selbe kann aber auch bei einer omnivoren Ernährung passieren, wenn Gemüse oder Nüsse fehlen.

Daneben sind solche Produkte aber vor allem teuer, auch weil die Nachfrage danach noch verglichen mit konventionellen Produkten eher gering ist. Kuhmilchkäse kostet zwischen 50 Cent und zwei Euro, während die meisten veganen Scheibenkäse-Alternativen circa drei Euro kosten. Wer sich nur von veganer Pizza oder Snacks ernährt muss also tief in die Tasche greifen, das gilt aber auch wieder für einen Lebensstil mit vielen verarbeiteten Tierprodukten.

veganes Essen ist entweder langweilig oder muss total exotisch sein

Ein weit verbreitetes Vorurteil ist, dass Veganer nur Gras und Steine essen. Natürlich ist das sehr überspitzt formuliert. Was dahinter steckt ist der Irrglaube, dass der Verzicht auf Fleisch, Milch oder Eier unumgänglich zu einer sehr beschränkten Auswahl an Lebensmitteln führt. In Wahrheit können Veganer aber beispielsweise zum Grillabend vegane Würstchen und Patties mitbringen, oder andere Ersatzprodukte wählen. Viele Veganer erzählen aber, dass das nur einen kleinen Teil der vorherigen Ernährung “ersetzt”, denn die meisten berichten, dass sie seit der Umstellung sogar mehr Lebensmittel kennenlernen als je zuvor. Ob Getreide- oder Gemüsesorten, es gibt genug bunte Auswahl für Veganer, die eine abwechslungsreiche und besonders leckere Ernährung sicherstellen können. Auch neue Zubereitungsarten oder Rezepte können dabei helfen nichts zu vermissen. Statt Käse gibt es tolle Aufstriche und vegane Hausmannskost kann zum Beispiel mit Tempeh gemacht werden.

Der Mythos wird aber auch oft umgedreht. Veganer kennen es: ein nicht-veganes Restaurant oder Mensa versucht sich an einem veganen Angebot. Das ist an sich auch löblich, aber leider sieht der Teller dann doch nicht so aus wie der eine oder die andere sich ihn vorstellt. Es wirkt oft als wäre es nötig, dass vegane Gerichte aufwendig und exotisch sein müssten. Viele Menschen denken also, dass sich Veganer nur von Chiasamen oder Trüffelrisotto ernähren. Natürlich ist es schön, dass sich Köche an veganer Küche probieren, oft reicht es aber wenn das vegane Angebot aus traditionellen Klassikern besteht, wie einer veganen Bolognese oder einem Thai-Curry.

Eine vegane Ernährung ist nicht zwingend einseitig, teuer und langweilig, genauso wie das eine nicht-vegane Lebensweise nicht unbedingt ist. Wer sich ausgewogen ernährt, Vitamin B12 supplementiert und Ersatzprodukte nur hin und wieder konsumiert muss sich keine Sorgen um seine Gesundheit machen. An den üblichen Vorurteilen gegenüber Veganern ist also wenn dann nur teilweise etwas dran, besonders weil hier meist Extreme beschrieben werden, die nicht auf alle zutreffen. Grund für diese Mythen ist oft Unwissen über das Thema, weshalb es sich lohnt sich hin und wieder mit Tierhaltung und Ernährung zu beschäftigen.

Quellen:
swr
ecodemy
peta
pubmed
quarks
zentrum-der-gesundheit
ptaforum
zentrum-der-gesundheit
health.harvard
choose-healthy-eating-for-life
zentrum-der-gesundheit
abenteuer-regenwald
utopia
albert-schweitzer-stiftung
ecodemy
vegpool.de